Was kommt mit dem Pfarrplan 2024 auf uns zu?
Diese Frage stellt sich gegenwärtig in vielen unserer Kirchengemeinden. Denn nach drei vorangegangenen Kürzungsrunden im Pfarrdienst folgt nun eine weitere unter dem Titel Pfarrplan 2024 und aller Voraussicht schließt sich dann in sechs Jahren noch eine (hoffentlich) letzte an. Bis zum Jahr 2030 soll bzw. muss die Zahl der Pfarrerinnen und Pfarrer in unserer württembergischen Landeskirche in zwei Schritten gesenkt werden. Der wesentliche Grund dafür liegt in dem kontinuierlichen Rückgang der Gemeindegliederzahlen. So hat beispielsweise der Kirchenbezirk Reutlingen in den vergangenen 13 Jahren 10.531 Gemeindeglieder verloren und diese keineswegs nur im eher städtischen Bereich von Reutlingen, Pfullingen und Eningen, sondern durchaus auch flächendeckend. Obwohl das Gemeindeleben in den allermeisten Gemeinden unseres Kirchenbezirks wirklich beeindruckend vielfältig und segensreich blüht – wir eigentlich aus der Binnenperspektive das Kleinerwerden gar nicht so spüren – verändert sich doch die Kirchenbindung vor allem bei jenen, die sich nicht zur Kerngemeinde zählen würden, teilweise stark. Es versteht sich eben längst nicht mehr von selber, dass „man“ die Kinder taufen lässt. Selbstverständlich – ohne dass „man“ immer wieder darüber nachdenkt, was „man“ denn nun wirklich davon hat, wenn „man“ sich zu Kirche zählt oder in Kirche engagiert – selbstverständlich ist im Zusammenhang mit Kirchenbindung für immer mehr Menschen immer weniger.
Auch im Blick auf die ganze Landeskirche ist dieser Rückgang nicht zuletzt deshalb so besorgniserregend, weil er sich allen Prognosen nach linear fortschreiben lässt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist nicht erkennbar, wann diese Entwicklung stagniert oder sich vielleicht sogar wieder umkehren lässt. Freilich sind das zunächst einmal nur Zahlen und Fakten, die jedoch bei der Frage der langfristigen Finanzierbarkeit des Pfarrdienstes und unserer kirchlichen Strukturen insgesamt eine erhebliche Rolle spielen. Deshalb stellt sich unsere Landeskirche als Dienstgeberin der Pfarrerinnen und Pfarrer im Rahmen ihrer kontinuierlichen Personalstrukturplanung der Aufgabe, den sogenannten Zielstellenplan für den Pfarrdienst an die sich verändernden Rahmenbedingungen anzupassen. Bis 2030 sollen vom heutigen Stand aus rund 30% aller Pfarrstellen im Gemeinde- und im Sonderpfarrdienst abgebaut werden. Für den Schritt mit dem Pfarrplan 2024 sind es bezogen auf unseren Kirchenbezirk zunächst nur 12% weniger. Das entspricht einer Kürzung von 4,75 Stellen. Wie und wo diese Stellen nun konkret gestrichen werden müssen, darüber beraten wir auf Bezirksebene in verschiedenen Gremien und selbstverständlich auch in allen Kirchengemeinderäten. Wir versuchen gemeinsam, bereits zu unserer Bezirkssynode im Herbst einen möglichst konsensfähigen Entwurf zu erarbeiten. Wenn dann die Landessynode im nächsten Jahr unserem Vorschlag zustimmt, dann haben wir mit der Umsetzung der beschlossen Kürzung Zeit bis Ende 2024.
Während der sich fortentwickelnde Gemeindegliederrückgang der Hauptgrund für den Pfarrplan ist, so werden mit ihm im Wesentlichen vier Ziele angestrebt: 1. Die Landeskirche will eine gerechte pfarramtliche Versorgung aller Kirchengemeinden erhalten. Pfarrstellen in den städtischen Gebieten sind leichter zu besetzen als in ländlichen oder in Diasporagebieten. Deshalb ist gleichmäßig in Stadt und Land zu kürzen. 2. Die Landeskirche will ein verlässlicher Dienstgeber sein. Mit der Übernahme in den ständigen Pfarrdienst übernimmt die Landeskirche eine lebenslängliche Versorgungspflicht. Deshalb muss die Personalstrukturplanung im Pfarrdienst an auch die langfristige Finanzplanung angepasst werden. 3. Die Zahl der Gemeindeglieder pro Pfarrstelle (die sogenannte Pastorationsdichte) soll möglichst gleich groß bleiben und im Durchschnitt nicht über 1850 liegen. Und 4. versucht die Landeskirche eine gleichmäßige Altersstruktur im Pfarrdienst zu erreichen, indem sie möglichst kontinuierliche Aufnahmezahlen in den Pfarrdienst anstrebt. Mitte der 20er Jahre wird eine große Ruhestandswelle auf uns zukommen, die zusätzliche Probleme mit sich bringt. So etwas soll danach nicht mehr passieren.
Im vergangenen Jahr wurde in den Bezirken und in der Landessynode intensiv um die Dimension der notwendigen Kürzung gerungen. Auch unser KBA und unsere PfarrerInnenschaft haben sich sehr bemüht, mit unseren Landessynodalen die Konsequenzen der möglichen Kürzungspotentiale zu diskutieren. Die Pfarrerinnen und Pfarrer des Kirchenbezirks Reutlingen haben an die Kirchenleitung einen offenen Brief gerichtet, denn diese Entwicklung im Pfarrdienst kann nicht ohne Veränderungen und Konsequenzen in der Gemeindeentwicklung von statten gehen. 30% weniger Pfarrdienst heißt auch 30% weniger jener Tätigkeiten und Aktivitäten, die bislang Pfarrerinnen und Pfarrer versehen. Freilich werden Prädikantinnen und Prädikanten auch in den nächsten Jahren wieder viele Gottesdienste übernehmen, freilich lebt eine Kirchengemeinde mindestens so sehr vom Ehrenamt wie vom Hauptamt, und ja, um manches wird es vielleicht auch gar nicht einmal so schade sein, wenn in Zukunft die Pfarrerin oder der Pfarrer es nicht mehr machen kann oder muss. Doch es führt meines Erachtens zunächst einmal kein Weg daran vorbei, dass wir vor der Aufgabe stehen, das Kleiner werden zu organisieren und zu gestalten.
Im Reformationsjubiläumsjahr mag dabei die Erinnerung an ein Lutherwort eine Entlastung und Ermutigung sein. Der Reformator sagte einmal: »Wir sind es doch nicht, die da die Kirche erhalten könnten. Unsere Vorfahren sind es auch nicht gewesen. Unsere Nachfahren werden's auch nicht sein; sondern der ist's gewesen, ist's noch und wird's sein, der da sagt: „Ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt.'“
Dekan Marcus Keinath
Gemeindefusion
Aus drei Kirchengemeinden wird eine: Fusion von Bronnweiler, Gönningen und Ohmenhausen zum 1.1.25
Gemeindenachbarschaft Bronnweiler, Gönningen, Ohmenhausen
Es sind bewegte Zeiten in unseren Kirchengemeinden. Der Pfarrplan 2030, der vorsieht, analog zu geringer werdenden Gemeindegliederzahlen auch Pfarrstellen zu kürzen, wirft seine Schatten voraus und die Einschnitte sind groß. Bisher hat in Ohmenhausen Pfarrer Heiko Zürn eine 100%-Stelle, in Bronnweiler Pfarrerin Christine Wandel eine 50%- Stelle und in Gönningen Pfarrer Niels Hoffmann eine 100 %-Stelle.
Die neuen Zahlen ergeben: Es werden nur noch zwei 75%-Pfarrstellen bestehen bleiben. Eine für Bronnweiler und Gönningen zusammen und eine für Ohmenhausen. 75%-Pfarrstellen aber sind aus verschiedensten Gründen nahezu unmöglich zu besetzen. Unsere Lösung ist, alle Prozentanteile zusammenzulegen und zwei neue Pfarrstellen zu schaffen: eine mit 100% und eine mit 50% Stellenumfang. Und, das ist uns wichtig, beide Pfarrer/innen werden für alle drei Gemeinden verantwortlich sein! Das heißt: Keine Gemeinde wird in irgendeiner Hinsicht pfarrerlos sein, die Kernaufgaben wie Gottesdienste, Seelsorge, Beerdigungen, Taufen und Trauungen werden abgedeckt sein! Aber natürlich: Der Verlust von 100% Stellenanteilen wird uns allen weh tun.
Wie genau gekürzt oder umstrukturiert werden kann, wissen wir noch nicht im Detail. Unser aller Aufgabe wird sein, in den kommenden Jahren gemeinsam gute Wege zu finden. Wo können Aufgaben durch Ehrenamtliche übernommen werden? Was muss tatsächlich weggelassen werden? Was kann zusammengelegt werden? Bei Gottesdiensten beispielsweise ist eine Taktung ähnlich unserer bestehenden in den Sommerferien gut denkbar, wo ein/e Pfarrer/in an einem Sonntag an zwei Orten im sogenannten Doppeldienst Gottesdienste feiert, und ein Ort „aussetzt“ und stattdessen zu den Nachbarn einlädt. Die Kürzungen im Pfarrdienst werden also ohne Frage Veränderungen mit sich bringen. Wichtig ist uns in all dem jedoch, dass die Gruppen, Chöre und Kreise, die Projekte und Veranstaltungen, die durch ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantwortet werden, auch in Zukunft das Gemeindeleben prägen dürfen und sollen. Gerne über Ortsgrenzen hinweg, gerne auch jeder für sich in seinem Ort.
Einiges lässt sich schon jetzt nach und nach auf den Weg bringen. Momentan haben wir drei Kirchengemeinderatsgremien, in allen drei Gemeinden parallel die Umsetzung von Verwaltungsvorgaben und Schulungsmaßnahmen, zwei Kindergartenverwaltungen. Für drei Pfarrer/innen eine schöne Sache, für eineinhalb Stellen nicht machbar.
Alle drei KGRs haben sich deshalb dafür ausgesprochen, dass wir unsere Gemeindestrukturen zum 1.1.2025 zusammenlegen. Geplant ist die Fusion unserer drei Gemeinden, was den Vorteil hat, dass einiges noch vor Ort, anderes gemeinsam entschieden wird. Hierzu wird es in allen Gemeinden ein Gemeindeforum geben, bei dem über die geplanten Veränderungen informiert wird und ein Austausch möglich ist.
Wann greift der Pfarrplan?
Der Pfarrplan wird im März 2024 verabschiedet und muss bis 2030 umgesetzt sein. Wenn jedoch zwischen 2024 und 2030 eine der drei Pfarrpersonen aus unseren Gemeinden die Stelle wechselt, wird der Pfarrplan umgesetzt. Das bedeutet, die freie Stelle wird gestrichen und kann nicht mehr besetzt werden. Wichtig ist also, dass hier vor Ort auch nach der erfolgten Kürzung das Gemeindeleben gut weitergehen kann. Daher sollten wir jetzt alles Strukturelle ordnen und planen, damit wir gut vorbereitet sind.
...und in der Zwischenzeit?
Jetzt gerade haben wir die „fetten Jahre“, wie es so schön in der Josefsgeschichte heißt. Alle Pfarrstellen sind besetzt, alle KGR-Gremien ebenso. Nun gilt es, diese Zeit zu nutzen, um Schritt für Schritt unsere Kirchengemeinden zukunftsfähig zu machen. Schritt für Schritt zu schauen: Was kann verändert werden? Was soll und muss gleichbleiben? Die Fusion ist hier nur ein äußerlicher Faktor, für Sie als Gemeindemitglied wird außer dem Gemeindenamen auf Ortsebene vieles gleich bleiben. Aber die neue Gemeindeform bietet Möglichkeiten zur Bündelung, damit das kommende Pfarrteam und Ehrenamtliche nicht wertvolle Zeit nur in Gremien- und Verwaltungsaufgaben investieren müssen. Auch das „Umeinanderwissen“ der Kirchengemeinderäte und Gemeindeglieder unserer drei Orte insgesamt ist durchaus noch ausbaufähig.
… Vertrauen üben
Alle Verantwortlichen sind sich einig: Letzten Endes ist es eine Frage des Vertrauens. Als Christinnen und Christen haben wir eine Verantwortung vor Gott und den Menschen, also auch vor den Menschen in der Nachbargemeinde, in den jetzt notwendigen Veränderungen bestmögliche Lösungen für alle Beteiligten zu finden. Wir als Kirchengemeinderäte und Pfarrer haben im vergangenen deutlich Jahr gespürt, wie wichtig für dieses Vertrauen Möglichkeiten der Begegnung sind. Für uns war eine gemeinsame Sitzung im vergangenen Sommer entscheidend, in der uns deutlich wurde: Wir sitzen im selben Boot, haben ähnliche Probleme und Anliegen. Deshalb ist ein wichtiges Anliegen in den kommenden Monaten und Jahren, Möglichkeiten der Begegnung zu schaffen. Und wir bitten Sie: Machen Sie davon Gebrauch! Das können gemeinsame Festgottesdienste sein, aber auch andere gemeinsame Aktionen. Wir halten Sie auf dem Laufenden!
Die Mitglieder der Steuerungsgruppe
Bronnweiler: Gönningen: Ohmenhausen:
Pfarrerin Christine Wandel, Pfarrer Niels Hoffmann Pfarrer Heiko Zürn
Matthias Rauschenbach Dorothea Rutow Siegfried Weber
Lothar Heissel Martin Zirngibl Ralf Lang